Kungsleden Süd-Nord – Teil 2b
Von Hemavan nach Kvikkjokk
Im Teil 2b: Von Ammarnäs nach Jäkkvik/Jäckvik
Tourenschlüssel:
4-5/6 Tage, je nach Routenvariante 68 - 92 km.
Sommer und Herbst: Reine Zelttour
Beste Zeit: 1.7. - 20. 9.
Karte(n): Calazo/Tyvek-Karte “Kvikkjokk - Ammarnäs“ 1:100 000
oder Fjällkartan BD 14 + BD 16 1:100 000
Wie zu Beginn der 2a-Tour in Hemavan, haben wir auch hier in Ammarnäs, gleich am ersten Tag
erneut die Frage zu klären, ob wir dem offiziellen oder dem eher pragmatischen Lager zuneigen
oder hier – zum Dritten – den traditionellen Ansichten. Der Unterschied ist gewaltig, weil die
neuere (eben eher dogmatische) Kungsleden-Variante etwa eineinhalb bis zwei Tage länger
dauert und einen nicht nachvollziehbaren „Umweg“ vorschlägt. Siehe die nachfolgende
(schematische) Skizze:
5
Rävfallsstugan
3
3 Adolfström
4 Renslakteri
2
1
Ammarnäs
1 alte, traditionelle Kungsleden-Route
2 pragmatische Route (Taxi bis Höbäcken/Renslakteri)
3 offizielle neue Kungsleden-Route (1-1 1/2 Tage Umweg)
4 Parkplatz Höbäcken
5 Wanderroute Vindelälvdalen
Daraus ergeben sich nun folgende Möglichkeiten:
1. Tag: Ammarnäs — Dellikälven, 25 km, 8 - 9 Std. (traditionelle Route)
Abkürzung mit dem Taxi: 13 km, 4 – 5 Std. (pragmatische Variante)
oder
1. Tag: Ammarnäs – Rävfallstugan, 23 km, 8 – 9 Std. (neue Kungsledenroute)
2. Tag: Rävfallstugan – Dellikälven, 19 km, 7 – 8 Std.
Die traditionell existierende und heute nicht länger als Kungsleden bezeichnete Route führt aus
dem Ortszentrum von Ammarnäs heraus und geht zunächst an Kirche und Friedhof vorbei.
Rechter Hand liegt der Potatisbakken (Kartoffel-Hügel). Es ist ein eigenartiger Moränen-Kegel.
An seiner Südseite ist die Anhöhe fast schon wie ein Weinberg in Abschnitte aufgeteilt.
Alteingesessene Familien nutzen den Hügel zum Kartoffel-Anbau. Aber nicht nur für irgendeine
Kartoffel, sondern für die weit über die Region hinaus bekannte und begehrte Delikatesse mit
dem Namen „Mandel-Potatis“.
Jedenfalls folgen wir der Straße, bis sie den Vindelälv überquert. Unmittelbar nach der Brücke,
bei der Straßenkreuzung, findet sich ein Hinweisschild auf den „alten“ Kungsleden. Die Strecke
ist soweit noch markiert und deutlich erkennbar.
Wir folgen den Andreaskreuzen den kräftig ansteigenden Waldhang hinauf. Diese Holzkreuze
sind normalerweise die Wintermarkierung, hier aber identisch mit dem Sommerpfad. Nach zwei
Kilometern erreichen wir eine stille, bewaldete Hochfläche, auf der unser Weg in fast nördlicher
Richtung weiterläuft. Zwischen den beiden Seen Stor- und Lill-Bissitjaure, wandern wir bis zur
„Renslakteri“, die allerdings erst im September Hochbetrieb hat. So weit, so traditionell.
Bis hierher könnte man jedoch auch außen herum mit dem Taxi fahren und so zwölf Kilometer
Marsch sparen (bei dem man nichts versäumt). Das wäre die pragmatische Vorgehensweise
und wenn sich zwei-drei Wanderer zusammentun, ist die Taxifahrt auch bezahlbar. Die Straße
führt im Normalfall bis zur Renschlachterei, in Ausnahmefällen jedoch nur bis zum weiter
unten gelegenen Autoparkplatz „Höbäcken“.
Wie auch immer, wir sollten in beiden Fällen
zeitlich so kalkulieren, dass wir gleich am
ersten Tag das gesamte Björkfjället
überqueren können. Bei einem Wettersturz
gibt es auf der Hochfläche keinen wirklich
guten, geschützten Lagerplatz.
Nach der Renslakteri führt der Pfad über die
Waldgrenze hinaus, bis er die Höhenlinie 800
erreicht. Von hier an, wo das Gelände nur
noch sachte ansteigt, folgen wir der
Sommermarkierung (Steintafeln oder
-männchen), die abwechselnd mal mit, mal getrennt von der Wintermarkierung verläuft. Die
Hütten am Dávtájávrrie (877 m) und am folgenden Lissvuoávrrie-See (902 m) sind privat und
verschlossen.
Ehemalige Wildmarkhütte: Von der Zeit vergessen
Zwischen diesen beiden Seen kommt nun von links, von West-Südwesten, die „neue“
Kungsledenroute heran, die dogmatische Variante sozusagen, die in einem großen Bogen von
Ammarnäs aus kräftig den Berg ansteigt (im Winter ein Skihang mit Lift) und gut markiert über
die Hochflächen nach Nord-Nordwest weiterläuft. Zunächst auf 700 m und später auf gut 900
m Höhe. Nach knapp zwölf Kilometern liegt linker Hand und etwas abseits, der Windschutz/
Rastschutz „Stabburet“. Danach folgt die Überquerung des Hochplateaus von Stuorajåbba
(931 m). Wenig später geht es in einem größeren Bogen nach Nordost-Osten abwärts. Es ist
der Abstieg zur Rävfallsstugan (siehe Tourenbeschreibung: Vindelälven).
Und was macht der „neue“ Kungsleden
an dieser Stelle? Er führt zunächst in
Richtung Ammarnäs zurück, um knapp
drei Kilometer später dann auf jene
Hochfläche hochzusteigen, die wir mit
den beiden anderen Varianten (der
traditionellen und der pragmatischen)
schon längst hinter uns gelassen
haben. Kurzum, zwischen den beiden
Seen von Dávtájávrrie (877 m) und
Lissvuoávrrie (902 m) sind dann endlich
alle drei möglichen Routen vereint, mit
dem Ziel: Zelten im Tal des Dellikälven.
Der höchste Punkt dieser Tagesetappe ist erreicht, wenn man die auf der Karte als
„Länsgräns“bezeichnete Linie überschreitet. Es sind knapp tausend Meter Höhe. Sollte dort
kein Schnee mehr liegen, finden sich bei den zwei, drei kleineren Seen halbwegs akzeptable
Zeltplätze. Sonst aber steigen wir in das Dellikälven-Tal hinab und suchen uns diesseits des
Tales einen Lagerplatz. Rinnsale gibt es genug und daher ist es unnötig, vom Pfad weg, bis
ganz zum Fluss hinunterzugehen.
Ammarnäs – Jäkkvik – Kvikkjokk: Nur mit Zelt machbar.
Rävfallet-Wegweiser Vindelälvdalen/Kungsleden-Umweg
Buntspecht
2. Tag (3.Tag): Dellikälven - Bäverholmen, 22-25 km, 7-8 Std.
Der Kungsleden verläuft nun auf einer recht bequemen Strecke in nördlicher Richtung. Zur
Linken steigen die Felswände des Láddievárrduo (1111 m) auf, zur Rechten liegt die Seenkette
von Stijguojávrrie und Njallapliehkie (718 m). Danach erreichen wir den Vourojuhka-Fluß, über
den eine stabile Hängebrücke führt. Nach der Brücke windet sich der Sommer-Pfad etwas —
den Sümpfen ausweichend — während die Wintermarkierung schnurgerade hindurch zieht.
Schließlich wandern wir bis an den Abzweig zum Sjnulttjie-Windschutz heran.
Die nun folgenden vier Kilometer bis zum Bádasjuhka-Fluß sind, bis auf eine kurze
Moraststrecke beim See »737 m«, völlig unschwierig. Nach der Hängebrücke über den
Bádasjuhka geht es wieder leicht bergan. Wenig später haben wir die Waldgrenze erneut
hinter uns und stoßen auf der namenlosen Hochfläche auf eine Wegkreuzung mit
Richtungsschildern.
Nordöstlich führt der
Kungsleden nach Adolf-
ström hinab, südwestlich
geht es zu der samischen
Sommersiedlung von Ribas.
Die gesamte Zeit, während
wir über das Plateau auf
Adolfström zugehen, grüßt
aus Nordosten das
Pieljekaise-Massiv, das wir
morgen problemlos über-
queren werden. Der
Abstieg durch den Wald
führt bis an die
»Rastskydd« genannte,
kleine Hütte heran (ohne
Betten), die am Ufer des Bádasjuhka liegt. Diese Stelle ist ein ausgezeichneter Zeltplatz. Wer
noch fit genug ist, kann allerdings auch noch über die Brücke und gut zweieinhalb Kilometer
bis nach Bäverholmen weiterwandern und dort mit dem Zelt übernachten. (Bäverholmen ist
Einödhof mit kleinem Restaurant und hervorragenden Waffeln mit Hjortron-Beeren und
Sahne!).
3. Tag (4.Tag): Bäverholmen — Pieljekaise 22 bzw. 29 km, 7-8 Std.
Von Bäverholmen aus fahren wir mit dem Motorboot durch das Laisälven-Delta nach
Adolfström. Die Alternative ist: Wir wandern von Bäverholen aus westlich des Iraft-Sees in den
Wald hinein und folgen der Markierung bis ins neun Kilometer entfernte Adolfström. Der Weg
führt recht häufig über kleinere Moranenhügel hinweg – es geht also immer ein bisschen rauf
und runter – ist insgesamt aber wenig schwierig. Dafür kann man, links und rechts des Pfades,
reichlich Beeren sammeln.
Auf der weiten Hochfläche zwischen Adolfström und Peljekaise
In Adolfström muss man/sollte man unbedingt den legendären „Adolfström Handelsbod“
besuchen. ein fast schon historischer Landhandel (Tante-Emma-Laden) mit Café und
Hüttenvermietung und ebenso unschlagbaren „Hjortron Vafflor“ (die besagten Waffeln mit
Hjortron-/Moltebeeren und Sahne). Siehe: http://www.adolfstrom.com/tysk/tyindex.html
Längs der Dorfstraße treffen wir bald wieder auf das Kungsleden-Schild und lesen: »Jäkkvik 22
km«. Der wie immer gut markierte Weg führt dann kurzzeitig steil hoch, bis wir die Brücke am
Ráhpajågåtj erreichen. Danach hält der Kungsleden auf das Ost-Südostufer des Luvtávrre-See
zu (629 m), wo an seinem Abfluß eine Brücke installiert ist (Rastplatz). Nach der Brücke
beginnt der Pieljekaise-Nationalpark.
Die Markierung führt anschließend vom Nordostufer weg und
etwas steil in die bewaldeten Hänge hinauf. Bevor wir circa vier
Kilometer nordöstlich des Luvtávrre wiederum eine Brücke
überschreiten, ist vom Pieljekaise-Gipfel (1137,5 m) nichts zu
sehen. Weitere knapp zwei Kilometer später, in den bewaldeten
Südhängen des Pieljekaise-Massivs, kommen wir zur
„Peljekaisestugan“. Die relativ neu erbaute Hütte ist offen, zählt
aber nicht als Übernachtungshütte, sondern als Wind- und
Schlechtwetterschutz. An dieser Stelle gibt es geländebedingt
keinen guten Zeltplatz.
Den besseren Lagerplatz für ein Zelt gibt es erst nach noch
einmal anderthalb Stunden Gehzeit, auf der anderen Seite des
Berges. Die Wanderung über den nur 800 m hohen, flach
auslaufenden Bergrücken des Pieljekaise ist ein wunderschöner
Abschluss. Die Aussicht hier oben, besonders nach Norden, ist
ein Schauspiel. Jenseits des Bergrückens kommen dann endlich ein paar gute Zeltplätze. Die
meisten liegen vor oder neben einer neuerlichen Pelejekaise-Windschutz-Hütte, direkt
oberhalb des Abstiegs nach Jäkkvik. Dieser Platz ist der beste Ausgangspunkt, um am nächsten
Tag auf den relativ leicht zu besteigenden Peljekaise-Gipfel (1137 m) zu wandern. Allerdings:
Nur bei guter Wetterlage. Andernfalls kann es dort oben sehr schnell sehr kalt und stürmisch
werden.
Blick v. Peljekaise-Gipfel Rtg. Südwesten/Vindelfjäll
Blick v. Peljekaise: Rtg.Nordwesten/Hornavan-See
Zum Peljekaise-Gipfel (1137,5 m)
4. Tag (5.Tag): Pieljekaise – Jäkkvik (ab Schutzhütte): 4 km, 1 – 1 1/2 Std.
Bei schönem Wetter, wie gesagt, sollte man von der Hütte aus mit nur leichtem Gepäck den
Pieljekaise-Gipfel besteigen (reine Gehzeit: 2 – 2 ½ Std. hin und zurück). Zum Schluss ist der
Aufstieg eine etwas steinige Angelegenheit, aber man wird mit einer herrlich weiten Aussicht
belohnt. Anschließend ist der Abstieg durch den Wald nach Jäkkvik hinunter kaum noch ein
Problem.
Touristische Angaben:
Jäkkvik ist im Sommer ein kleines, ruhiges Dorf; direkt am Ufer des Hornavan-Sees gelegen.
Die Ansiedlung erstreckt sich links und rechts einer Durchgangsstraße nach Norwegen; sie hat
den Namen „Silvervägen“ (offiziell RV 95). Es gibt einen neu erbauten Supermarkt (weil hier
viele Norweger einkaufen und tanken) und direkt dort befindet sich auch die Bushaltestelle –
um z.B. nach Arjeplog zu kommen (Buslinie 104) und weiter nach Arvidsjaur, nach Jörn (sehr
wichtiger Eisenbahnknotenpunkt) oder bis an die Küste nach Skellefteå (gespr.: Schellefte-o).
Einen sehr schönen und guten Platz zum Übernachten (auch mit Zelt) bietet die direkt am See
liegende Herberge „Svenska Kyrkans Fjällgård“ (https://kyrkansfjallgardjakkvik.com). Es gibt
übrigens bis heute im Schwedischen keine einheitliche Schreibweise für Jäkkvik oder Jäckvik.
Es wird beides verwendet. Im Samischen heißt der kleine Ort: Jäggeluokta
Was man im Sommer kaum ahnt: An bestimmten Wochenenden im Winter oder in den
winterlichen Ferienwochen tummeln sich tausende Ski-Urlauber/Langläufer oder
Schneescooter-Fahrer hier. Und nicht zuletzt testet die gesamte Automobil-Industrie ihre
neuesten Entwicklungen und Produkte – unter wirklich harten Bedingungen in Frost und Eis.
Alle Bilder in Kungsleden 2b: ©Klaus Betz
„Svenska Kyrkans Fjällgård“ in Jäkkvik. Eine der schönsten Kungsleden-Herbergen
(mit Zeltplatz) direkt am Hornavan-See – glasklar, aber 221 m tief.