Die Vielfalt wahrnehmen – über die Grenzen hinweg

Nimmt man das zusammen hängende Netzwerk der schwedischen, norwegischen und finnischen Wanderwege und Wildnispfade zusammen, kommt man zunächst auf eine Wegstrecke von rund 800 Kilometer. Das entspricht der Länge des Nordkalottleden vom norwegischen Kautokeino im hohen Norden, dem finnischen Kilpisjärvi am Dreiländereck und dem südlicher gelegenen schwedischen Kvikkjokk (immer noch oberhalb des Polarkreises). Zählt man die Parallelstrecken und Querverbindungen hinzu, ergibt sich ein Netzwerk von zwischen 1600 und 1800 Kilometer. Für alles, was zwischen dem erwähnten Kautokeino und dem schwedischen Hemavan südlich des Polarkreises liegt.
Man wäre viele Monate unterwegs, wollte man alle Möglichkeiten wahrnehmen. Besser ist es, sich dafür ein paar Jahre Zeit zu lassen und Erfahrungen zu sammeln. Zumal manche Pfade zwischendurch nur mit Zelt, Schlafsack, Kocher und einer ausgeklügelten Lebensmittel-Logistik zu machen sind (siehe einleitende Kapitel). Deswegen sind auch Pfade wie der Kungsleden (eine Hütte nach der anderen) äußerst populär und im Verlauf der Wegführung von Abisko über Kebnekaise und Nikkaluokta durchaus auch überlaufen.
Im Gegensatz dazu sind andere Pfade wie der mitunter kaum markierte Mavasleden (anspruchvoll) oder die Vindelälv-Route vom schwedischen Ammarnäs ins norwegische Krokstrand eher wenig begangen. Gleiches gilt für das schwedische Nasafjäll und zu gewissen Zeiten auch für das norwegische Saltfjell. Als Einstieg für Neulinge sind die verschieden Möglichkeiten im und durch den Padjelanta-Nationalpark empfehlenswert.
Für Fortgeschrittene empfehlen sich auch Teilstücke des Nordkalottleden über das norwegische Narvik-Fjell nach Schweden oder der frühere Grenzpfad von Troms, der in den Nordkalottleden integriert worden ist (gemeint ist der Abschnitt vom norwegischen Innset/Altevatn bis zum finnischen Kilpisjärvi).

Es ist übrigens eine Mär, dass der Sarek-Nationalpark die angeblich "letzte Wildnis Europas" ist. Die gibt es dort oben ständig und überall. Große, ruhig an mir vorüberziehende Rentierherden habe ich in der Inneren Troms getroffen (Nordkalottleden), Auerhähne und Vielfraß sind mir in kaum beachteten Kleinodien wie dem Muddus-Nationalpark begegnet. Elche waren im Padjelanta oder im finnischen Pallas-Tunturi meine zufällig getroffenen Begleiter. Von Lemming-Jahren, Regenpfeifern, Bussarden, Seeadlern, Eulen und Schneehühnern ganz zu schweigen. Nur die Braunbären scheinen mir seit knapp vierzig Jahren permanent aus dem Weg zu gehen. Ich habe bis heute keinen getroffen, aber ich weiß, dass sie mich immer beobachtet haben.